Ein Unfall, eine körperliche Erkrankung, psychische Probleme: Es gibt viele Ursachen, die es Menschen unmöglich machen, ihren Beruf weiter auszuüben. Doch noch immer unterschätzt eine Mehrheit der Berufstätigen das Risiko. Was eine private Arbeitskraftabsicherung leistet, weiß GDV-Verbraucherexperte Mathias Zunk.
Herr Zunk, ich bin doch über meine gesetzliche Rentenversicherung auch gegen Berufsunfähigkeit versichert. Wozu benötige ich dann noch eine private Absicherung?
Mathias Zunk: Der Gesetzgeber hat die Leistungen der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente in den letzten Jahren stark zurückgefahren. Insbesondere Menschen, die nach dem 1. Januar 1961 geboren sind, bekommen nur dann noch die volle Rente, wenn Sie weniger als drei Stunden pro Tag in irgendeinem Beruf arbeiten können. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, welchen Beruf Sie zuletzt ausgeübt haben. Außerdem reicht die die Erwerbsminderungsrente nicht aus, um den bisherigen Lebensstandard zu wahren. Sie liegt oft noch unter einem Drittel des letzten regulären Monatsgehalts.
Und wann liegt für die privaten Versicherer überhaupt eine Berufsunfähigkeit vor?
Zunk: Können Sie Ihren aktuellen Beruf in der Regel zu mindestens 50 Prozent aufgrund von Krankheit, Körperverletzung oder übermäßigem Kräfteverfall nicht mehr ausüben, liegt eine Berufsunfähigkeit vor. Außerdem müssen Sie langfristig beeinträchtigt sein. Für die Einschätzung ist ein Prognosezeitraum von einem halben Jahr üblich.
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Wie teuer ist denn so eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Zunk: Die Höhe der Beiträge hängt unter anderem davon ab, wie alt Sie bei Abschluss der Versicherung sind. Je jünger man in die Berufsunfähigkeitsversicherung eintritt desto geringer fallen die Beiträge aus. Der Grund: In jungen Jahren ist man meist noch gesünder und hat nur selten relevante Vorerkrankungen. Wer erst dann zum Versicherer geht, wenn das Risiko berufsunfähig zu werden deutlich gestiegen ist, für den ist der Berufsunfähigkeitsschutz oft teurer oder nur mit Zuschlägen oder Ausschlüssen zu haben.
Spielt auch mein Beruf eine Rolle für die Höhe der Prämie?
Zunk: Ja, das Risiko berufsunfähig zu werden, wird sehr stark vom ausgeübten Beruf bestimmt. Die meisten Versicherer haben deshalb „Berufskataloge“, die das Risiko der Tätigkeit berücksichtigen. Aber letztlich kommt es auf eine Gesamtschau an: Gesundheitszustand, Alter, Beruf und auch mögliche riskante Hobbys spielen eine Rolle. Wenn Sie Dachdecker sind und bereits zwei Bandscheibenvorfälle hatten, wird die Versicherungsprämie wesentlich höher ausfallen als wenn Sie ein gesunder Bankkaufmann sind. Der einmal festgelegte Beitrag ist dann für die gesamte Laufzeit garantiert.
Wie verschafft sich denn die Versicherung einen Überblick über meinen gesundheitlichen Zustand?
Zunk: Vor Vertragsabschluss stellt Ihnen der Versicherer bei der sogenannten Risikoprüfung detaillierte Fragen zum Gesundheitszustand. Machen Sie dabei wissentlich falsche Angaben, riskieren Sie Ihren Versicherungsschutz. Bei einem besonders hohen Gesundheitsrisiko können auch bestimmte Ausschlusskriterien vereinbart werden. Zum Beispiel können Sie auch mit angeborenem Herzfehler eine Police abschließen – die Herz-Kreislauferkrankungen sind dann aber als Grund für die Berufsunfähigkeit ausgeschlossen.
Mit welcher Rentenhöhe kann ich rechnen?
Zunk: Sie können die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente individuell mit Ihrem Versicherer vereinbaren. Orientieren Sie sich dabei am aktuellen Einkommen. Und lassen Sie sich die Möglichkeit offen, die die Versicherungshöhe nachträglich anzupassen. So können Sie Kaufkraftverluste durch die Inflation, Gehaltssteigerungen oder auch Änderungen der persönlichen Lebenssituation (Familiengründung) berücksichtigen. In der Regel sichern Versicherungsunternehmen übrigens maximal ein Niveau von 75 bis 80 Prozent des Nettoverdienstes ab.
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Ich bekomme später ja auch die „normale“ gesetzliche Altersrente. Spielt das für meinen BU-Vertrag eine Rolle?
Zunk: Grundsätzlich soll die Rente aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung das Arbeitseinkommen ersetzen, wenn Sie berufsunfähig werden. Deshalb sollte sich die Laufzeit an der voraussichtlichen Dauer des Arbeitslebens orientieren. In den meisten Fällen wird dies bis zum Beginn der gesetzlichen Rente dauern. Endet sie früher, hätten Sie für eine gewisse Phase bis zum Eintritt des Rentenalters keinen Schutz; denn eine private Berufsunfähigkeitsversicherung wird in der Regel nur so lange gezahlt, wie auch der Vertrag läuft. Es gibt allerdings auch Tarife, bei denen die Absicherung beispielsweise mit dem 60.Lebensalter endet, aber im Falle des Eintritts einer Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen des regulären gesetzlichen Renteneintrittsalters gezahlt werden würde.
Kann ich den Berufsunfähigkeitsschutz auch mit meiner Lebensversicherung verbinden?
Zunk: Ja, Sie können die Berufsunfähigkeit entweder selbstständig versichern oder als Zusatzversicherung zu einer Lebens- oder Rentenversicherung. Solche Zusatz-versicherungen stellen sicher, dass Versicherte ihre Beiträge zur Todesfallabsicherung oder zur Altersvorsorge auch im BU-Fall leisten können. Außerdem können Sie über diese Zusatzversicherungen die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente absichern.
Gibt es eigentlich auch abgespeckte Varianten einer Berufsunfähigkeitsversicherung, falls mir z.B. wegen meiner Vorerkrankungen der Komplettschutz zu teuer ist?
Zunk: Das Spektrum reicht von verschiedenen Varianten der Berufsunfähigkeitsversicherung über Erwerbsunfähigkeitsversicherungen und Grundfähigkeitsversicherungen bis hin zu sogenannten Multi-Risk- und Dread-Disease-Produkten. Die Dread-Disease-Versicherung, was so viel bedeutet wie „Schwere-Krankheiten-Versicherung“, zahlt zum Beispiel einen einmaligen Geldbetrag, wenn eine vertraglich definierte Krankheit eintritt.